Das Fundmaterial der Kreisgrabenanlage von Goseck erbrachte vor allem Keramik und Tierknochen. In kleinerem Umfang fanden sich außerdem Steingeräte, Abschläge aus Feuerstein und menschliche Skelettreste. Eine besondere Funddichte zeigt sich dabei im südöstlichen Quadranten der Anlage und an den Eingangsbereichen im Norden, Südosten und Südwesten.
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Östlich der Kreisgrabenanlage stießen die Ausgräber*innen auf ein Kindergrab der Linienbandkeramik-Kultur (5.500 bis 4.800 v.Chr.). Das Grab ist deutlich älter als die Kreisgrabenanlage und steht daher nicht mit ihr in Verbindung. Ein 6 bis 12 Monate alter Säugling war hier unmittelbar angrenzend an ein wohl zeitgleiches Gebäude auf der linken Seite liegend in Hocklage bestattet worden. Zur Grabausstattung gehörten zwei Keramikgefäße: ein unverzierter, durch die Lagerung im Boden zerbrochener Kumpf und eine vollständig erhaltene Flasche mit fünf Ösen. Sie ist mit den typischen kurvoliniearen Mustern der Bandkeramik und gleichschenkligen Dreiecken verziert. Das Original ist im Infozentrum im Schloss Goseck ausgestellt.
Die längliche Grube unmittelbar vor dem südöstlichen Eingangsbereich liegt in der Verlängerung der Visurlinie durch die Torwangen und könnte möglicherweise ebenfalls mit der Peilung des Sonnenaufgangs in Verbindung stehen. Die Grube enthielt nicht nur ungewöhnlich viel Fundmaterial, auch die Funde selbst sind z.T. außergewöhnlich.
Die Grube enthielt zahlreiche Fragmente der lokalen stichbandverzierten Keramik, Silexgeräte und Tierknochen sowie zwei Keramikfragmente der mittelneolithischen Großgartacher Kultur (4900 bis 4700 v. Chr.), die etwa zeitgleich zur Stichbandkeramik in Südwestdeutschland verbreitet war. Damit gibt es in Goseck Anhaltspunkte für überregionale Kontakte.
Aus dem tierischen Knochenmaterial konnte ein C-14-Datum gewonnen werden, das den Verfüllzeitpunkt der Grube in den Zeitraum zwischen 4796-4727 v. Chr., und somit in die Hauptnutzungsphase der Anlage, datiert.
Flintgeräte, auch Silex- oder Feuersteingeräte genannt, und Abschläge gehören mit über 700 Einzelobjekten zur größten Fundgruppe innerhalb des lithischen Fundmaterials. Ein in diesem Zusammenhang eindrucksvolles Fundinventar stammt aus Befund 170 im nordwestlichen Sektor der Kreisgrabenanlage. Die Grube ist in mehrfacher Hinsicht besonders: Die etwa kreisrunde Grube hatte einen Durchmesser von 1 m. Sie war u.a. mit großen Steinen verfüllt, die außerdem an den Grubenrändern niedergelegt worden waren. Möglicherweise wollte man die Grube obertägig kennzeichnen. Der Befund gehört zu den fundreichsten der gesamten Grabungsfläche: Er enthielt Scherbenfragmente mehrerer Gefäße, über 2 kg Tierknochen und ein Fundensemble aus über 40 Silexgeräten und Abschlägen, die der Fundlage nach gleichzeitig niedergelegt worden waren. Die Grube wird daher als bewusst angelegtes Depot interpretiert. Die Verzierung der geborgenen Scherben weist in die ältere Stichbandkeramik-Kultur.
Die unterschiedliche Farbgebung der in Goseck verarbeiteten Silices zeigt, dass der Feuerstein aus unterschiedlichen Lagerstätten stammt. Besonders hochwertiger Feuerstein wurde aus weit entfernten Regionen importiert. Ein Beispiel dafür ist eine trianguläre Pfeilspitze aus Befund 170.
Der Grubenbefund 129-3 ist einer der wenigen Befunde aus dem Areal der Kreisgrabenanlage, der menschliche Skelettreste enthielt (siehe auch Bef. 139-3). Der Befund lässt erkennen, dass es sich um zwei nacheinander angelegte Gruben handelt, die sich überschneiden. Die wannenförmige etwa 2,8 x 1,2 m große Grube war noch bis in eine Tiefe von 50 cm erhalten. Ähnlich wie bei Befund 139-3 zeigten sich durch den rot verfärbten anstehenden Kies, verziegelten Lehm und eine Ascheschicht auch hier Spuren von intensiver Feuereinwirkung.
Die Verfüllung der jüngeren Grube enthielt fünf Finger- und Mittelhandknochen einer menschlichen rechten Hand. Die Knochen wurden im anatomischen Verband niedergelegt und gehörten einem juvenilen/erwachsenen Mann. Aus einem Rinderknochen konnte ein absolutes Datum gewonnen werden, das die Grube in die frühe Stichbandkeramik (4830–4729 cal BC, MAMS-16390, 1 Sigma) und somit in die Bauzeit oder frühe Nutzungszeit der Anlage datiert. Stichbandkeramische Scherbenfragmente bestätigen das Datum.
Die Grube liegt außerhalb des Grabens, in jenem Bereich, in dem auch der Erdwall angenommen wird. Es ist daher möglich, dass die Grube schon vor der Errichtung der Kreisgrabenanlage bestand. Norma Henkel nimmt hingegen an, dass die Grube durch eine Aussparung in dem als Abschnittswall ausgeführten Erdwall berücksichtigt und somit nicht überbaut wurde.
Im Bereich des Kreisgrabens traten in auffällig hoher Funddichte Rinderschädel und circa ein Dutzend Hornzapfen von Rindern zutage. Auch sind Rinder die mit Abstand am häufigsten vertretene Gattung im Tierknocheninventar der Kreisgrabenanlage. Die besondere Bedeutung und mystische Überhöhung von Rindern in der Jungsteinzeit lässt sich in vielen neolithischen Kulturen, insbesondere auch an zahlreichen Kreisgrabenanlagen, fassen.
Für die Kreisgrabenanlage von Goseck eröffnen sich verschiedene Deutungen, welche Rolle Rinder für den Bau und die Nutzung der Anlage gespielt haben könnten. Rinderschädel könnten demnach in den Torbereichen eine schmückende Funktion im Sinne von Bukranien (architektonische Schmuckelemente in Form von Rinderschädeln) gehabt haben. Zugleich sind Tieropfer und der Verzehr von Rindern im Rahmen von Festmahlen zu besonderen Feierlichkeiten und Zusammenkünften denkbar.
Im nordwestlichen Sektor der Anlage befinden sich vier auffällige Gruben. Sie liegen zwischen dem Kreisgraben und dem äußeren Palisadenkranz und enthielten besonders viele Funde, darunter vor allem Tierknochen und Keramik.
Zwei Randscherben aus Befund 173 zeigen außergewöhnliche Verzierungen, die in dieser Form einzigartig im Fundmaterial von Goseck sind. Sie weisen in die frühe Stichbandkeramik und somit in die Bauzeit bzw. frühe Nutzungszeit der Kreisgrabenanlage. Möglicherweise handelt es sich bei den Funden um eine Art Gründungsopfer.
Dieses Keramikfragment wurde wahrscheinlich als Schmuckanhänger zweitverwendet. Darauf deuten die sekundäre Durchlochung und die abgeschliffenen Bruchkanten der Scherbe hin. Zu Amuletten umgearbeitete Scherben sind in der Stichbandkeramik mehrfach belegt.
Der Fund stammt aus der Grabenverfüllung des nördlichen Tores und lässt sich eventuell als Votivgabe interpretieren. Die Torwangen enthielten weitere Funde, die auf rituelle Handlungen schließen lassen, darunter Keramikfragmente mit Pechanhaftungen und Gefäßfragmente besonders qualitätvoller Gefäße.
Im südöstlichen Bereich schneidet die äußere Palisade eine etwa 1,6 x 1,3 m große Grube. Der Grubenbefund 139-3 ist aus mehreren Gründen ungewöhnlich:
Die Grubenwände waren stark durchgeglüht – ein Indiz dafür, dass hier einst ein Feuer brannte. Gruben mit Spuren von Feuereinwirkung finden sich in Goseck an verschiedenen Stellen der Kreisgrabenanlage. Neben den Brandspuren enthielt diese Grube aber außerdem menschliche Knochen eines erwachsenen Individuums, die Fragen zur Nutzung der Anlage im Kontext ritueller Handlungen aufwerfen: Es fanden sich ausschließlich Teile menschlicher Extremitäten, Knochen vom Rumpf oder der Schädel fehlten. Da die Knochen nicht mehr im anatomischen Verband lagen, ist von einer Deponierung im bereits teilskelettierten Zustand auszugehen.
Beim Bau der Anlage scheint man offenbar bewusst Rücksicht auf die Grube genommen zu haben, denn die äußere Palisade ist im Bereich der Grube unterbrochen. Anscheinend hatte die Grube eine besondere Bedeutung für die Erbauer der Kreisgrabenanlage. Mehrere faustgroße Steine am oberen Grubenrand dienten womöglich der Kennzeichnung der Grube.
Die jüngsten Fundobjekte sind Fragmente der frühen Stichbandkeramik. Für die Grube ergibt sich damit eine Datierung in die Bauzeit der Kreisgrabenanlage.
Dieses Dechselfragment gehört mit einem weiteren Bruchstück eines Steinbeils und einem Mahlstein zu den einzigen Fundobjekten aus Felsgestein mit Befundkontext. Alle drei Objekte wurden aus der mittleren bis oberen Verfüllschicht des Kreisgrabens in der Nähe der Toröffnungen geborgen. Wie die Feuersteingeräte weisen auch die Beile aus Felsgestein deutliche Gebrauchsspuren auf.
Diese beiden Randscherben eines stichbandkeramischen Kumpfes weisen unterschiedliche Spuren auf, die eine Reparatur des Gefäßes erkennen lassen. Einzelne Fragmente waren mit Reparaturbohrungen versehen. Schwarze Anhaftungen an den Bruchstellen deuten außerdem darauf hin, dass man den Kumpf mithilfe von Pech geklebt hatte. Die Verwendung von Pech als Klebstoff, u.a. für die Reparatur von Keramikgefäßen, ist in der Stichbandkeramik mehrfach belegt. Die Reparatur des Gefäßes zeigt, dass es für jemanden eine besondere Bedeutung hatte.
Dieser Hundeschädel wurde zusammen mit einem Halswirbelknochen in der Verfüllung des Kreisgrabens gefunden. Da die übrigen Skelettteile fehlen, ist eine rituelle Enthauptung und Niederlegung des Schädels denkbar.
Neben Hornzapfen von Rindern wurden im Kreisgraben vereinzelt auch Hornzapfen anderer Tierarten gefunden. Dazu gehören zwei Exemplare von Ziegenhornzapfen, die beide aus dem Kreisgraben im Bereich des Südwesttores stammen.
* Anmerkung der Redaktion:
Alle Angaben beruhen auf der bereits publizierten Literatur zum Fundort sowie auf ausgewählten Ergebnissen der noch unpublizierten Dissertation von Norma Literski-Henkel: N. Literski-Henkel, Die mittelneolithische Kreisgrabenanlage von Goseck, Lkr. Burgenlandkreis. Univ. Diss. (Halle (Saale) 2016) (im Druck).